Alles beginnt mit Pilzen – Making of „Sternenstürmer“ #6

Social Media Hashtags: #roman #historischerroman #coldwarfiction #litauen #afghanistan #militaryromance #1970s #1980s

Die große Hitze ist vorüber, angenehm mild scheint die Oktobersonne durch das goldene Laub. Für mich ist der Herbst die schönste Jahreszeit, und auch die Pilzsaison ist dieses Jahr sehr üppig. Heute bin ich meiner Leidenschaft nachgegangen und habe eine reiche Ernte nach Hause getragen. Seit Jahren habe ich wieder einen Steinpilz gefunden und freue mich natürlich riesig darüber. Kommt etwa daher der Ausdruck Glückspilz? Dass Pilze sammeln glücklich macht?

Auf jeden Fall verlangt es Konzentration, wenn die Blicke über den Waldboden schweifen und oft entdecke ich, wenn ich auf Sichthöhe der Hüte bin, noch weitere zwischen Brombeergestrüpp und Moos. Gerade lege ich eine Schreibpause ein, und während ich durchs Unterholz streife, sammle ich bereits Ideen für das nächste Projekt.

Meine Protas – die meisten – sind ebenfalls begeisterte Pilzesammler. Kein Wunder bei der Vielfalt den baltischen Wäldern, bei der ich ausrasten würde! Also ist Lucijas Ausflug in den Wald, der an ihren Stadtteil angrenzt, der Anbeginn einer großen Geschichte.

Lucija
Konzentriert spähe ich zwischen den federartigen Farnblättern und den niedrigen Moosbeerenbüschen nach den hellbraunen Hüten der Birkenpilze, und finde einen. Zielstrebig laufe ich über den weichen, von Feuchtigkeit durchtränkten Waldboden, schneide den hellgrauen Stiel des Pilzes ab und lege ihn zu den anderen in den Korb. Ich verweile für einen Augenblick an der Stelle, sehe hinauf zu den Wipfeln der Kiefern, wo sich das Sonnenlicht zu einem goldenen Fächer bündelt. Ein kaum spürbarer Hauch lässt gelbes Birkenlaub herab tanzen. Wie gerne ich den Herbst mag, seine angenehm kühle Luft und die intensiven Gerüche nach satter Erde, Laub und Wald.
          Der Korb ist gut gefüllt. Mit den Pilzen werde ich eine ausgiebige Mahlzeit zubereiten und vielleicht noch einige zum Trocknen aufhängen. Langsam erhebe ich mich aus der Hocke, wende mich nach Reta um. Wie ein Leuchtsignal erkenne ich ihren roten Anorak, während sie sich watschelnd in Kauerstellung über dem Boden bewegt.
          »Was hast du alles gesammelt?«, frage ich sie, komme zu ihr.
          »Ein paar Pilze und Moosbeeren«, antwortet sie, zeigt mir ihren Korb.
          Darin befinden sich jede Menge der kleinen, hellroten Beeren, vermischt mit Pfifferlingen und einigen anderen Pilzen. Einen von ihnen erkenne ich als einen giftigen Röhrling und nehme ihn heraus. »Gehen wir nach Hause«, beschließe ich.
          Als wir das Wäldchen verlassen, schüttle ich mich leicht. Warm flutet die flacher am Horizont stehende Sonne die Wiese, ein leichter Wind streicht mir über die Wangen und schiebt am Himmel die Wolken vor sich her. Einmal laufen Reta und ich im kühlen Schatten, dann in der vollen Wärme der kräftigen Oktobersonne über den Pfad zur Siedlung zurück. Die verwilderten Apfelbäume spreizen ihre Äste. Daran tragen sie reife, leuchtende Früchte. Ich halte an, recke mich nach den Äpfeln, die noch am niedrigsten hängen. Der Wind lebt auf, weht mir die Haare ins Gesicht. Kurz ist meine Sicht verdeckt.
          Unverwandt fragt er mich in seinem Küstenakzent: »Kann ich Ihnene helfen?«
          Ich streiche mir die Haare hinter die Ohren, blinzle. Vor mir steht der Major, der mich neulich am Brunnen gegrüßt hatte. Jumis statt jumsIhnene statt Ihnen. Er scheint aus Kleinlitauen, dem Memelland, zu stammen. Zunächst weiß ich nicht, was ich davon halten soll, sehe ihn nur an. Er hat stahlblaue Augen, die hinter einer Nickelbrille aufblitzen, ein dunklerer Ring umschließt die Iriden. In der Sonne glänzen seine Haare wie rotes Gold. Seine Nase ist wohlproportioniert, etwas spitz. Heute trägt er statt der Uniform einen Trainingsanzug, hat den Reißverschluss seiner Jacke geöffnet. Anscheinend war er laufen. Ich nehme den leichten, nicht unangenehmen Geruch seines Körpers wahr, als er seinen Arm ausstreckt. Er ist kein Hüne, aber auch nicht klein. Bevor meine verdutzten Lippen eine Antwort formen, pflückt er den Apfel und reicht ihn mir.
          »Bitte sehr«, sagt er. Wieder lächelt er.
          »Danke«, entgegne ich. Unschlüssig, was ich tun soll, lege ich den Apfel behutsam zwischen die Pilze.
          Reta wird zappelig, also wende ich mich von dem Major ab und will den Heimweg fortsetzen.
          »Warten Sie!«, ruft er mir hinterher. »Wie heißen Sie eigentlich?«

Inzwischen ist „Sternenstürmer“ vorbestellbar und erscheint – auch als Printbuch – am 20. Oktober. Ich bin so aufgeregt wie vor einer Exkursion in den Wald!

Veröffentlicht von autorinirahabermeyer

Autorin Cold War Fiction-Romane

Kommentar verfassen

Trage deine Daten unten ein oder klicke ein Icon um dich einzuloggen:

WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit Deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Ändern )

Twitter-Bild

Du kommentierst mit Deinem Twitter-Konto. Abmelden /  Ändern )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit Deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Ändern )

Verbinde mit %s

%d Bloggern gefällt das: