„Wolga“ – Der Cocktail aus „Sternenstürmer“

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Aus den Lautsprechern der Kellerbar schallt laute Musik. Betrunkenes Lachen aus dem Hintergrund übertönt sie, während zwischen den Tischen Paare tanzen (…)

Dovidas Marijonas Kalvaitis, Protagonist „Sternenstürmer“ – erscheint im Herbst 2022

So beginnt die Szene, in der Dovidas und seine Kameraden ausgehen. Es sind die 1970er Jahre, und was gehörte, außer Musik, Zigaretten und Flirts mit Mädchen zu einem Abend in der Bar dazu? Alkohol. Bier und Wodka allein hätten noch nicht den Effekt. Nichts lässt sich eleganter in der Hand halten als ein gediegener Cocktail.

Ich lehne am Tresen, umfasse mein Bierglas, während ich angestrengt meinem Kameraden Komarenko zuhöre.

»Sie leiten nun unser kleines Orchester?«, vernehme ich seine Frage, dabei streift sein Atem warm an meinem Ohr. »Bis Neujahr ist nicht mehr lange hin.«

»Dreieinhalb Monate«, bedenke ich, schreie fast, damit er mich versteht.

»Die Zeit vergeht schneller, als man denkt.«

»Ich werde Stücke einüben, die den meisten geläufig sind«, erwidere ich, trinke mein Bier bis auf den letzten Schluck.

Während Komarenkos Finger in die Schale fassen und er ein paar gesalzene Sonnenblumenkerne herauspickt, gleitet mein Blick durch die schummrige Höhle. Am Tisch in der Nische spielen vier andere Offiziere aus unserem Stab Karten. Rauch und Bierdunst, verschüttete Degtinė auf den Tischen. Bisher hält sich die Stimmung in Grenzen.

Wieder einmal bin ich an die Grenzen meiner Welt gestoßen. Gab es in der Sowjetunion Cocktails? Ich ging der Frage nach, recherchierte und stieß tatsächlich darauf, dass es in den 1950er, 60er und 1970er Jahren eine eigene Cocktailkultur gab. Der „Sternenstürmer“ wurde um einen Fakt mehr bereichert, und ich probierte den „Wolga“ selbst aus.

Als ich die Papirossa anstecke, die ich von Komarenko geschnorrt habe, fange ich die Blicke einer jungen Frau auf. Mit ihrer Freundin sitzt sie am Tisch bei der Tür. Beide sind Anfang zwanzig, beide hübsch und herausgeputzt. Die Brünette in dem grünen Kleid, das sie über einem enganliegenden Oberteil trägt, gefällt mir. Wie zufällig flattert nochmals ihr Augenaufschlag zu mir. Sie scheint zu bemerken, dass ich sie genauer betrachte, lächelt erst schüchtern, dann herausfordernder. Zurückhaltend senke ich die Lider, raune Komarenko zu: »Ich würde Ihnen nicht raten, die Mädchen so anzustarren, Arkadij Bogdanowitsch.«

»Wieso?«, erwidert er verständnislos. »Ihnen scheinen die beiden auch zu gefallen.«

»In Litauen gilt es als unhöflich, Fremden einfach in die Augen zu schauen«, erkläre ich. »Gehen Sie behutsamer vor. Nehmen Sie kurz Blickkontakt auf, gucken wieder weg, und wenn die andere nicht hinsieht, können Sie wieder hingucken.«

»Ihr Litowskijs seid wie die Japsen«, sagt Komarenko, wischt mit seiner Papirossa durch die Luft. »Bei euch ist alles gleich beleidigend und unhöflich.«

»Wir sind viele Völker in der Union und genauso unterschiedlich sind unsere Mentalitäten«, wende ich eine Diskussion ab.

»Wollen wir den beiden etwas zu trinken spendieren?«, raunt mir Komarenko zu. »Einfach nur, weil sie nette Mädchen sind. Oder ist das auch unhöflich?«

»Ist es nicht«, sage ich bereitwillig, winke den Barkeeper her und stecke ihm zwei Rubelscheine zu. »Zwei Cocktails für die beiden jungen Frauen«, sage ich und zeige in Richtung Tür. »Können Sie mir einen Wolga zubereiten?«

Nach dem kleinen Knigge für die Baltischen Staaten, dass man niemanden offensiv anstarrt, verrate ich nun das Rezept zum Roman:

70 ml Wodka

20 ml Pfefferminzlikör

30 ml Orangenlikör

50 ml Zitronensaft

2 Esslöffel Zucker

Eiswürfel nach Belieben

Alle Zutaten im Mixer schütteln, Eis in die Gläser geben und den Cocktail eingießen. Die Mengenangaben beziehen sich auf zwei Portionen.

I sveikatą! Zum Wohl!

Veröffentlicht von autorinirahabermeyer

Autorin Cold War Fiction-Romane

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